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Ramadan und Dialog 2025

by Admin
5 Minuten

Die Hizmet-Gemeinschaft Innsbruck lud auch heuer wieder zu der schon zur Tradition gewordenen Ramadan- und Dialogveranstaltung. Gleich nach dem abendlichen Impuls Die Notwendigkeit gesellschaftlicher Besonnenheit wurden – ganz im Sinne des dreiteiligen Formats – die zahlreich erschienenen Gäste zu tragenden Mitgestaltern. Mit ihren anregenden Wortmeldungen entstand eine wertvolle Diskussionsrunde, in der nicht nur über Frieden, universelle Werte und Dialog gesprochen, sondern auch die in bestimmten Konstellationen vorherrschende Ignoranz reflektiert und kritisch hinterfragt wurde.

Im zweiten Teil des Abends wurde mit einer kurzen Erläuterung der “hard and soft facts des Ramadanfastens” auf die Zeit gewartet, in der der Ruf zum Mahlhalten erfolgte. Nach einem christlichen Tischgebet und einem gemeinsamen Amen wurde feierlich gegessen, getrunken und geplaudert. Ein herzliches Dankeschön und ein großer Applaus ging an alle, die bei der Zubereitung der Speisen, insbesondere der süßen Leckereien mitgewirkt hatten.

Bei Kaffee oder Tee und weiterem Imbiss wurde im letzten Teil der Veranstaltung ein weiterer Impuls zum Thema “Sympathie und Gemeinsinn” gegeben. Mit einem musikalischen Höhepunkt klang der Abend in gemütlicher Runde und anregenden Gesprächen aus.


“Die Notwendigkeit gesellschaftlicher Besonnenheit”

Reagieren wir nicht mit Hass und Feindseligkeit auf den Versuch,
das friedliche Zusammenleben zu gefährden.
Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ)

In jüngster Vergangenheit haben wir mit großer Betroffenheit von tragischen Vorfällen gehört, wie etwa dem Messerangriff in Villach, bei dem ein 14-Jähriger sein Leben verlor und weitere Menschen leider verletzt wurden. Angehörige und Freunde leiden unter einem tiefen Schmerz. Ebenso erinnern wir – wenn wir von Besinnung und Besonnenheit sprechen – uns an die Stürmung der Antonskirche in Favoriten/Wien sowie an den Angriff auf die Synagoge in der Wiener Innenstadt im November 2020.

Wie bereits in unseren Kondolenz- und Verurteilungsschreiben zum Ausdruck gebracht haben, betonen wir auch heute, dass wir derartige Taten in keinster Weise mit den Prinzipien des Islam in Einklang bringen können. Wir verstehen einen jeden Menschen als ein ehrwürdiges Wesen, und sagen: Das menschliche Leben ist heilig. Es zu missachten, widerspricht nicht nur dem Recht und der Verfassung Österreichs, sondern auch den Grundsätzen unserer islamischen Religion. Gewaltanwendungen verstehen wir als Verrat an universellen, höchsten Werten und Heiligtümern.

Ganz in diesem Sinne äußerte sich nach der Koran-Verbrennung in Schweden im Januar 2023 der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) Ümit Vural. In seinem Schreiben erklärte er: “In einer vielfältigen Gesellschaft sollten die Heiligtümer aller Religionsgemeinschaften im Sinne eines friedlichen Miteinanders respektiert werden.” Diesem Erklärung schließen wir uns an, und sagen auch: Nicht nur religiöse Heiligtümer verdienen Respekt und Akzeptanz. Sondern auch universelle Werte wie Menschenrechte, Grundfreiheiten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

Es ist ermutigend, dass die IGGÖ in Konfliktsituationen Bedacht handelt, mit klärenden Wortmeldungen eindeutige Positionierungen kundtut und somit einen wertvollen Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden leistet.

Um Besonnenheit praktizieren zu können, braucht es Menschen, die von einem Sinn für das Gute erfüllt sind und nach Vollkommenheit streben. Nur so kann jenen, die auf Irrwegen wandeln, geholfen werden. In diesem Zusammenhang können wir sagen, dass wir uns in die Pflicht genommen fühlen, da das Wohlergehen einer Gesellschaft von jedem Einzelnen abhängt. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass das Überleben des Einzelnen von der Unterstützung durch eine gerechte und solidarische Gesellschaft abhängt.

Angesichts etwaiger Konflikte sollte nicht in Vorwürfen verharrt werden, sondern Wege des konstruktiven Handelns gesucht werden. In einer Gesellschaft sollten Menschen sich gegenseitig unterstützen. Es sollte jedem Einzelnen die Möglichkeit gegeben werden, auf eigenen Beinen zu stehen und gemeinsam Stärke zu entwickeln. Die Sicherung eines friedlichen Zusammenlebens hängt von dem Fundament ab, das wir schaffen. Können wir einander Kraft und Halt geben? Können wir diesen Boden aufbereiten? Wenn ja, dann können jene, die aus verschiedenen Gründen erschöpft sind, neue Energien schöpfen: manchmal aus sich selbst heraus und manchmal aus einer Gruppe an Menschen, die wir auch Gemeinschaft nennen. Menschen können ihren Weg mit der Unterstützung und Anwesenheit anderer fortsetzen.

Dabei ist entscheidend, eine gemeinsame Sprache zu sprechen und ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. So müsste eine gerechte, friedvolle und starke Gesellschaft Beständigkeit haben.

Vielleicht schwebt in der Luft der Gedanke, es sei das Bestreben da, Ideen und Werte vermitteln zu wollen. Das mag sein. Aber in Wirklichkeit geht es darum einen festen Boden zu aufzubereiten, ein rechtschaffenes Umfeld zu schaffen, eine kulturelle Reichweite zu erlangen, in dem Gefühle und Gedanken gedeihen und wachsen können. Dafür sollten wir uns bemühen. Dafür setzen wir uns ein.

Mit Gülen wiederholen wir den Ansatz, dass die Probleme in der Welt mit den Menschen begonnen haben. Der Mensch kam mit zwei großen Kräften – das sind einmal die Vernunft und einmal Willen – zur Welt. Dabei ist seine Natur offen sowohl für alle Arten des Guten als auch für alle Arten des Bösen. Und wenn wir hinsichtlich des Bösen gibt es bei ihm Lücken und Schwäche wie etwa die Lücke der Gier, die Lücke der Lust, die Lücke des Hasses und der Verleumdung. Wir sind der Meinung, dass, wenn man gesellschaftliche Probleme lösen will, man das Problem im Menschen lösen sollte. Solange der Mensch sich nicht zur wahrhaftigen Menschlichkeit erhebt, wird der Boden zum Boden fehlerhafter Menschen mit zerstörerischen Tendenzen bleiben.

Wenn Menschlichkeit gelebt wird;
wenn von Einstellungen und Verhaltensweisen, die den Wert des Menschen mindern, ferngehalten wird;
wenn Würdigung und Offenheit gelebt wird;
wenn ein jeder in seiner eigenen Position akzeptieret wird,
wenn es kein Hass und keine Feindseligkeit gibt;
wenn Menschen mit Mitgefühl umarmt werden,
dann werden andere Menschen ihre Arme und ihre Herzen voller Mitgefühl öffnen.

Ein nährreicher Boden wird aufbereitet sein, eine Grundlage geschaffen sein, in der universelle Werte gemeinsam gelebt werden können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine der Hauptaufgaben des Friedens-Verfechters, der Verfechterin darin besteht, die Menschen an ihre Menschlichkeit und die gemeinsamen Werte der Menschheit zu erinnern.